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Beim „7. Deggendorfer Forum zur digitalen Datenanalyse“ zeigten mehrere Referenten Wege auf, wie die prüfenden Berufe angesichts der Datenflut seriöse Prüfergebnisse erzielen können.

Eine ausführliche Beschreibung des Vortrags erreichen Sie über die im Text hervorgehobenen Links. Im Tagungsband werden Sie eine vollständige Dokumentation der Veranstaltung finden.

DEGGENDORF, 19. Oktober 2011

Wirtschaftsprüfer, Revisoren, Steuerberater und andere Angehörige der prüfenden Berufe haben es mit einer stetig wachsenden Menge digitaler Daten zu tun. Die Datenfluten, die kritisch durchkämmt und für die Prüfung bewertet werden müssen, erreichen immer häufiger Ausmaße, in denen sie sich einer aussagekräftigen Prüfung ohne elektronische Verfahren entziehen. Das stellt den Prüfer vor neue Aufgaben und Herausforderungen, die sowohl technischer wie auch datenschutzrechtlicher Natur sind. Wo die Grenzen und die Probleme ihrer Arbeit liegen, haben etwa fünfzig Teilnehmer des zum siebten Mal tagenden „Deggendorfer Forums zur digitalen Datenanalyse“ am 13. und 14. Oktober 2011 im 7. DFDDA-Forum diskutiert. Die von der Hochschule Deggendorf ausgehende Veranstaltung fand in diesem Jahr an der Universität Hamburg statt.

Zwei große Problemkreise standen auf der Tagesordnung: zum einen der Umgang mit Millionen und Milliarden von Datensätzen, die ohne technische Hilfsmittel gar nicht mehr geprüft und verglichen werden können, und zum anderen die Anforderungen des Datenschutzes, die es dem Prüfer nicht immer ohne weiteres erlauben, Verknüpfungen etwa zwischen Buchungsvorgängen und Personen herzustellen, obwohl er oft nur so auf Irrtümer und Fehlverhalten stoßen kann.

Dass dies keine unwichtigen Probleme sind, bescheinigte den Teilnehmern der Veranstaltung, Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Radermacher, Direktor des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung in Ulm und Experte für Künstliche Intelligenz in seiner Keynote. „Aus vielen Gründen haben die prüfenden Berufe eine große Bedeutung. Sie sind eine kleine Gruppe, die für wesentliche ökonomische Entscheidungen die unabhängige Datengrundlage liefern“, sagte Radermacher. Der Prüfer setze unter ökonomische Vorgänge eine Bestätigung. „Der Bestätigungsvermerk muss zumindest eine ordentliche Qualität haben, sonst kann unser System nicht funktionieren.“

Doch Radermacher warnte auch vor zu hohen Erwartungen an neue Computerprogramme, die immer raffiniertere Prüfungen möglich machen sollen. Und er warnte vor zu hohen Erwartungen an eine penible Prüfung überhaupt. In seiner Arbeit hat es Radermacher oft mit einer besonderen Art mittelständischer Unternehmen zu tun, die sehr erfolgreich sind. „Sehr viele gute Unternehmer entscheiden hervorragend aus dem Bauch, können aber nicht erklären, warum sie so und nicht anders entschieden haben.“ Es sei in solchen Unternehmen nicht in allen Fällen angemessen, nach starren Regeln vorzugehen. „Natürlich müssen die Steuern bezahlt werden“, betonte Radermacher. Aber sowohl für das Finanzamt wie für den Prüfer sei „die Königsebene, dass die Firma funktioniert“.

Als Fazit aus einem scharfsinnigen und manchmal auch scharfzüngigen Rundgang durch die moderne Informationstechnik und ihre gesellschaftlichen Folgen plädierte Radermacher für „die Wiederentdeckung der Langsamkeit“ statt immer stärkerer Beschleunigung durch Automatisierung und Digitalisierung. „Es hat überhaupt keinen Sinn, eine Welt zu bauen, die wir nicht verstehen. Denn diese Welt wird uns zum Schluss überrollen“, sagte er.

Auch auf der berufspraktischen Ebene bekamen die Teilnehmer beruhigende Informationen an die Hand. „Datenanalyse und Datenschutz: Warum sind alle verunsichert?“, fragte im Titel seines Vortrags der Jurist Prof. Dr. Norbert Nolte von der internationalen Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Und er gab auch gleich die Antwort: „Aus meiner Sicht ist eine Verunsicherung nicht berechtigt. Es gibt – fast – immer einen Weg für den Datenschutz in Revisionsangelegenheiten.“ Zwar ist es nicht erlaubt, die Personaldaten eines Unternehmens pauschal in Verbindung mit anderen Unternehmensdaten nach Auffälligkeiten zu durchsuchen. Doch Datenschutzbehörden würden Unternehmen in der Regel unterstützen, wenn diese bei einer Datenprüfung einige Regeln beachteten. Dazu gehöre es, die Prüfung auf verdächtige Bereiche zu begrenzen, Personaldaten zu anonymisieren oder wenigstens durch Pseudonyme zu ersetzen, für den Datenschutz im Betrieb Zuständige hinzuzuziehen und jeden Schritt sorgfältig zu dokumentieren.

Wie das in der Praxis aussieht schilderten zwei Referentinnen: die Betriebswirtin Anke Giegandt beschrieb Konzepte und Fallbeispiele aus dem Hause BSH Bosch Siemens Haushaltsgeräte GmbH, und die Volkswirtin Evelyn Schmidt analysierte rechtliche Probleme und mögliche Lösungen aus der Sicht des Deutschen Instituts für Interne Revision e.V. (DIIR). Tobias Lücke vom Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz dagegen nahm sich des Themas Wirtschaftsspionage an und gab anhand von drastischen Fallbeispielen Tipps für das Verhalten von Unternehmern bei Auslandsgeschäften vor allem mit Russland und China.

Neue Techniken und neue Anforderungen sind dabei, die IT grundlegend zu verändern. Worin sich diese Wende manifestiert und was sie für die prüfenden Berufe bedeutet, war ganz am Anfang der Veranstaltung Gegenstand eines Eröffnungsdialogs zwischen Prof. Dr. Georg Herde von der Fakultät Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Deggendorf und 1. Vorsitzender des Vereins, und seinem Stellvertreter Ernst-Rudolf Töller, Mathematiker und Partner der BDO AG in Hamburg.

Ein Aspekt, der für den Prüfer in der Praxis wachsende Bedeutung bekommt, ist die Software, die ihn bei der digitalen Prüfung unterstützen soll. Im Sommer 2011 haben die Hochschule Deggendorf und das DFDDA eine Online-Befragung zur Akzeptanz des Einsatzes solcher Software vorgenommen. Prof. Dr. Georg Herde stellte in Vertretung seines verhinderten Kollegen Prof. Andreas Kohl erste Ergebnisse dieser Befragung vor.

Der Schlussbeitrag bot noch einmal Anlass zu einer lebhaften Diskussion. Prof. Dr. Georg Herde und Ernst-Rudolf Töller stellten in einem weiteren Doppelbeitrag die Frage nach den Grenzen und der Zuverlässigkeit verfügbarer Prüfsoftware und nach der Möglichkeit, die Prüfung eines Unternehmens langfristig nachvollziehbar zu machen. Prof. Herde plädierte engagiert für eine sorgfältige Dokumentation jeder Prüfung, wozu nach seiner Meinung gehört, dass das Prüfungsunternehmen eine Kopie der Teildaten eines Unternehmens archiviert, die zur Prüfung herangezogen worden waren. Das löste im Plenum eine lebhafte Diskussion aus. Von Prüferseite kam der Einwand, selbst solche Teildatenmengen seien unter Umständen sehr umfangreich; das Kopieren und Archivieren sei nicht praktikabel. Aus Sicht der Unternehmen bestehen ggf. grundsätzliche Bedenken, auf diesem Wege wichtige Unternehmensdaten aus dem Haus zu geben.

Prof. Herde nahm diese Kontroverse auf und lud die Teilnehmer zum nächsten, dem 8. Deggendorfer Forum für digitale Datenanalyse im nächsten Jahr ein. Dort, so Herde, werde diese Kontroverse sicherlich wieder aufgegriffen und weitergeführt.

Der Verein „Deggendorfer Forum zur digitalen Datenanalyse (DFDDA) e.V.“ hat sich zur Aufgabe gemacht, Wissenschaft, Hochschulausbildung und Praxis auf allen Gebieten der digitalen Datenanalyse in den Bereichen Interne Revision, Wirtschaftsprüfung, Steuerrecht, Controlling und betriebswirtschaftlichen Prozessoptimierung zu fördern. Seit 2005 findet dazu eine jährliche Forumsveranstaltung mit Referenten aus Wissenschaft und Praxis statt. Hinzu kommen seit 2009 Vorabveranstaltungen zum Forum, sogenannte Stützpunktveranstaltungen, in denen es vor allem um praktische Themen mit einer größeren Detailtiefe in der digitalen Datenanalyse geht.