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Die geänderte Rolle der IT im Zeitalter von Big Data

Mit immer raffinierteren Werkzeugen lassen sich heute Informationen aus den gewaltigen Mengen elektronischer Daten ziehen, die in Unternehmen anfallen. Auf dem 9. Deggendorfer Forum zur digitalen Datenanalyse, das in diesem Jahr in München stattfand, ging es um die Frage, wo und wann es für Mitglieder prüfender Berufe sinnvoll ist, den Datenbergen mit den Werkzeugen der Datenanalyse zu Leibe zu rücken. Kann man sich darin verlieren? Stößt man an rechtliche und finanzielle Grenzen?  Und: was fängt man mit den Ergebnissen an?

Als Keynote-Sprecher der zweitägigen Veranstaltung am 10. und 11. Oktober konnte Prof. Dr. Gunter Dueck gewonnen werden. Der Ex IBM CTO, Autor, Business Angel und Vortragsredner mahnte zur Vorsicht gegenüber Datenbanken in Unternehmen. „Die wichtigsten Daten stehen vermutlich gar nicht in der Datenbank“, sagte er mit Blick auf das Ziel der Datenanalyse, nämlich eine realistische Bewertung des Unternehmens. Er erinnerte daran, dass viele einzelne technische Entwicklungen über Jahre hinweg solche Produkte wie Smartphone oder Tablet-Computer möglich gemacht hätten. „Dann gibt es den Umbruch vom PC zum iPad, und ganze Firmen sind weg.“ In den Firmendaten sehe man allenfalls ein Jahr später die Folgen eines solchen Umbruchs. Den Managern schrieb Dueck ins Stammbuch, dass überzogene Ansprüche an Kontrolle und die Rendite bis hinunter in einzelne Abteilungen oft dazu führten, dass Daten geschönt würden und somit ein falsches Bild der Unternehmenssituation zeigten.

Das Deggendorfer Forum für digitale Datenanalyse richtet sich in erster Linie an Wirtschaftsprüfer, interne Revisoren und Steuerberater. Ihnen stehen für die Suche nach Fehlern oder Anzeichen für Betriebsrisiken in großen Datenbanken mittlerweile mächtige Software-Werkzeuge zur Verfügung. In welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt von Prüfungen die Methoden der Datenanalyse eingesetzt werden sollten, war ein wichtiger Diskussionspunkt auf dem 9. Forum – und nicht zuletzt die Frage, wo die Grenzen des Datenschutzes und andere rechtliche Beschränkungen ein besonders behutsames Vorgehen verlangen. 

So, wie ein privater Internetsurfer durch zielloses Klicken viel Zeit vertun kann und am Ende gar nicht mehr weiß, was er eigentlich gesucht hat, so kann ein Prüfer bei der Suche „ins Blaue hinein“ seinen Auftrag und sein Ziel aus den Augen verlieren. Das war die Warnung von Dr. Christoph Swart, selbst Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und Vorsitzender des Fachausschusses für Informationstechnologie des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland. Computergestützte Analyse von Daten werde immer wichtiger, das war auch seine Ansicht. Aber gerade deshalb müsse am Anfang stets eine gute Planung stehen, und eine klare Definition der Risiken, nach denen gesucht werden soll.

Großes Interesse fand der Vortrag von Prof. Dr. Alfred Ultsch von der Universität Marburg. Ultsch hat Verfahren entwickelt, die Daten selbst sagen zu lassen, wo in ihnen Ungewöhnliches und Auffälliges steckt. Er stützt sich dabei auf Verfahren der Bionik, also der Suche nach Tricks der Natur, die er abschauen kann. Verfahren der Bionik werden häufig in der Technik eingesetzt. Ultschs Datenbionik macht sich zu Nutze, dass Schwärme von Lebewesen wie Bienen oder Ameisen als Gruppe zu Leistungen fähig sind, die das einzelne Wesen nicht erbringen kann. Ultsch hat zum Beispiel bis zu 150 Einzelinformationen über zahlreiche US-Unternehmen gespeichert, nach Ähnlichkeiten zwischen den Unternehmen gesucht und dann die Aktienkurse verglichen. In den meisten Fällen fand er keinen Zusammenhang. Aber bei einer kleinen Gruppe von Unternehmen konnte er mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vorhersagen, dass diese Unternehmen bald einen großen Gewinn machen würden. Sein Verfahren ist allerdings in Entwicklung und manches, so sagt er selbst, sei dabei mathematisch noch nicht verstanden.

In weiteren Vorträgen schilderte der Wirtschaftsprüfer Armin Heßler, wie er auch Informationen aus dem Internet und zum Beispiel Beschwerden und Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken dazu nutzt, die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens einzuschätzen, um dies in seinen Prüfbericht einfließen zu lassen. Web Analytics ist sein Stichwort. Willi Härtl, Sachgebietsleiter Betriebsprüfung beim Finanzamt Weiden, schilderte den Kampf gegen den verbreiteten Betrug mit der Manipulation an Registrierkassen und die Möglichkeiten, die die Finanzämter dank der neuen Verfahren der elektronischen Bilanz bekommen, und Wolfgang Stegmann, stellvertretender Vorsitzender der DATEV eG in Nürnberg, plädierte für planvollen und gezielten Einsatz von Verfahren der Datenanalyse, um verlässliche Prüfungsurteile abgeben zu können. In einer abschließenden Podiumsdiskussion war ein wichtiges Thema für alle Teilnehmer das Spannungsfeld, in dem Prüfer in Zeiten stehen, in denen die Anforderungen an ihre Kenntnisse und ihre Arbeit zunehmen, während vor allem kleinere Prüfungsunternehmen wirtschaftlich unter starkem Druck arbeiten.

Der Deggendorfer Forum für digitale Datenanalyse e.V. hat sich zur Aufgabe gemacht, Wissenschaft, Hochschulausbildung und Praxis auf allen Gebieten der digitalen Datenanalyse in den Bereichen interne Revision, Wirtschaftsprüfung, Steuerrecht, Controlling und betriebswirtschaftliche Prozessoptimierung zu fördern. Das geschieht vor allem durch die ideelle und finanzielle Unterstützung der Lehre und Forschung an der Fakultät Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik der Technischen Hochschule Deggendorf. Hochschulübergreifend findet seit 2005 jährlich an wechselnden Tagungsorten das Deggendorfer Forum zur digitalen Datenanalyse statt. Seit 2009 dient zusätzlich die jährliche Stützpunktveranstaltung auf dem Campus der Technischen Hochschule Deggendorf dazu, den Teilnehmern konkrete, praxisrelevante Ansätze für die digitale Datenanalyse zu vermitteln.